Wie ist es, ein ausländischer Arzt in Deutschland zu sein?

Nach Ansicht einiger Beobachter benötigen Ärzte, die im Land arbeiten wollen, mehr Unterstützung bei der Bewältigung dieses anspruchsvollen Prozesses, andernfalls werde das Gesundheitssystem leiden. Jürgen Hoffart, Hauptgeschäftsführer der Ärztekammer Rheinland-Pfalz, betonte: Fachkräfte sollten nicht als billige Arbeitskräfte behandelt, sondern möglichst schnell und effektiv in das System integriert werden.

Warum mangelt es in Deutschland an Ärzten?

Internationale Gesundheitsorganisationen warnen davor, dass der Mangel an medizinischem Fachpersonal weltweit so groß ist, dass der Zugang zu Ärzten in der Nähe ihres Wohnortes in vielen Ländern zum Luxus werden wird. Besonders akut ist dieses Hindernis in Ländern mit niedrigem Einkommen, in denen viele nicht die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlene Quote von einem Arzt pro tausend Einwohner erreichen.

Nach Angaben des Bundes gibt es in Deutschland 4,53 praktizierende Ärzte pro tausend Einwohner, das sind 30 % der 1,82 Millionen Berufsärzte in Europa. Allerdings nimmt diese Zahl rapide ab.

Wie in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union wird es in Deutschland bald zu einem Mangel an medizinischem Personal kommen: Wer in den Ruhestand geht, wird nicht schnell ersetzt, was insbesondere die Fachkräfte im öffentlichen Sektor übermäßig belastet. Diese Situation wird durch die zunehmende ältere Bevölkerung verschärft, die eine größere klinische Aufmerksamkeit erfordert.

Bis 2023 werden 41 % der Allgemeinmediziner im Land über 60 Jahre alt sein, ebenso 28 % der Fachärzte. Es wird geschätzt, dass in den nächsten Jahren zwischen 5.000 und 8.000 Praxen schließen werden, vor allem aufgrund von Pensionierungen.

Da es nicht genügend Hochschulabsolventen gibt, um diejenigen zu ersetzen, die in den Ruhestand gehen, ist die Rekrutierung von Ärzten aus dem Ausland die einzige kurzfristige Lösung, damit das Gesundheitssystem weiterhin auf dem aktuellen Niveau funktionieren kann.

Was passiert mit ausländischen Ärzten in Deutschland?

„In Deutschland genießen alle medizinischen Fachkräfte, auch Nicht-Einheimische, Vertrauen und Respekt“, sagte Fabri Beqa, ein gebürtiger Kosovoer, der seit mehr als 18 Jahren im Land arbeitet. „Meiner Erfahrung nach sind ausländische Ärzte motivierte Menschen, die bereit sind, zu lernen und sich den Herausforderungen der Arbeit im Gesundheitssystem eines anderen Landes zu stellen.“

„Die Gesundheitsinfrastruktur in Deutschland ist viel besser finanziert als in anderen Ländern, auch in meinem Heimatland Kosovo.

Er betonte, dass „ausländische Ärzte oft in Notaufnahmen oder Krankenhäusern arbeiten müssen, wo die Arbeitsbelastung höher ist.“ Dank einer guten Work-Life-Balance lohnt es sich jedoch: „Man verdient genug und hat genug Zeit, das Leben zu genießen.“

Beqa ist sich bewusst, dass Ausländer mangels ausreichender struktureller Unterstützung mehr Anstrengungen in die berufliche Entwicklung unternehmen müssen als ihre deutschen Kollegen. Ein Beispiel: Die Gründung einer eigenen Klinik oder Praxis dauert in der Regel länger, was vor allem auf Lücken im deutschen Recht zurückzuführen ist.

„In Deutschland wird nur die ärztliche Grundausbildung anerkannt. Wenn also ein Facharzt hier praktizieren möchte, muss er eine weiterführende Ausbildung absolvieren“, was bedeutet, dass mehr Zeit in das Studium investiert wird.

Wie gravierend ist die Sprachbarriere für ausländische Ärzte?

Hoffart von der Ärztekammer Rheinland-Pfalz berichtet von gemischten Beschwerden von Patienten, die sagen, sie hätten ihre ausländischen Ärzte nicht vollständig verstehen können.

„Hin und wieder bekomme ich einen Anruf von einem Patienten mit der Frage: ‚Können Sie ein Krankenhaus empfehlen, dessen Ärzte gut Deutsch sprechen?‘ Und manchmal ist die Kritik berechtigt: „Ich habe immer wieder medizinische Berichte erhalten, die zumindest teilweise sehr schwer verständlich waren“, sagte Hoffart.

Obwohl ausländische Ärzte im Rahmen des Zulassungsverfahrens einen Sprachtest absolvieren müssen, konzentriert sich dieser Test auf Standarddeutsch, hilft Ihnen jedoch nicht, lokale Dialekte und Akzente zu verstehen. Eine Studie der Ludwig-Maximilians-Universität München aus dem Jahr 2016 ergab, dass viele ausländische Ärzte mit Problemen in der deutschen Sprache und mangelnden Kenntnissen über die nationale Kultur und die klinischen Systeme zu kämpfen hatten.

Eine weitere Studie der Universität Basel aus dem Jahr 2022 in zwei großen Universitätskliniken in Deutschland ergab, dass eine große Zahl von Fachkräften, darunter Krankenschwestern und Ärzte, Diskriminierung aufgrund von Sprache, Nationalität, Rasse und ethnischer Zugehörigkeit erlebten.

Der kosovarische Beqa sagt, er sehe unterdessen keine Probleme bei der Integration von Ärzten oder deren Fähigkeit, Deutsch zu lernen: „Meiner Erfahrung nach beherrschen die allermeisten Menschen die Sprache sehr schnell. Außerdem, selbst wenn man gut Deutsch spricht, immer noch.“ Es gibt immer Patienten, die nicht sprechen können. Die Sprachbarriere ist also nicht nur für Ärzte ein Problem.

Eine Lösung dieses Problems bestand für Jürgen Hoffart darin, etablierteren Ärzten in Deutschland die Möglichkeit zu geben, ihre Kollegen im Ausland zu behandeln und ihnen die Fachgebiete des nationalen Systems weiterzugeben. „Bei Bedarf können sie zusätzliche Sprach- und Kommunikationskurse belegen“, rät der Generaldirektor.

Ricarda Lange

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